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Thüringische Kleinstaaten (16. Jh. bis 1918/1923) - Sachsen-Weimar-Eisenach

Das Herzogtum Sachsen-Weimar entstand bei der ernestinischen Landesteilung im Jahre 1572 für die mittel- und ostthüringischen Besitzungen der Wettiner. Durch weitere Teilungen erheblich verkleinert, konnte es sich erst 1690 durch den Erwerb der "Jenaischen Landesportion" und 1741 durch den endgültigen Anfall der westthüringischen ernestinischen Gebiete des Fürstentums Sachsen-Eisenach wieder vergrößern und bildete nunmehr das Herzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach. Mit seiner Erhebung zum Großherzogtum auf dem Wiener Kongress 1815 erhielt es mit dem Neustädter Kreis und einigen kleineren Gebieten einen weiteren Territorialzuwachs. Seit 1877 wurde die amtliche Bezeichnung Großherzogtum Sachsen üblich. Bis zur Abdankung des Großherzogs im Zuge der Novemberrevolution 1918 regierten die Ernestiner aus dem Hause der Wettiner.

1864 umfasste das Großherzogtum 3.635,6 km2 mit 280.201 Einwohnern. 1875 wohnten 292.933 Personen im Großherzogtum, deren Zahl bis 1913 auf 417.572 stieg. Während 1875 in den 31 Städten 10.245 Bewohner lebten, wohnte die Mehrheit mit 187.682 Personen in den knapp 600 Dörfern. Die Einwohnerdichte lag bei 115,6 Personen je Quadratkilometer. In wirtschaftlicher Hinsicht sind neben dem Haupterwerbszweig Landwirtschaft die Strumpfwirkerei, die Tuchweberei sowie die Herstellung von Porzellan und Töpferwaren nennenswert. Eine besonders wichtige Rolle spielte seit dem Ende des 19. Jahrhunderts die optische Industrie in Jena.

Die Teilung des ernestinischen Territoriums von 1572 stellte auch für die Landstände ein einschneidendes Ereignis in ihrer Existenz und Entwicklung dar. Die Landstände, auch als Landschaft bezeichnet, setzten sich im protestantischen Herzogtum aus dem landsässigen Adel (Grafen, Herren und Ritterschaft) sowie den Städten zusammen. Den aus vorreformatorischen Zeiten stammenden Sitz der hohen Geistlichkeit (Prälaten) nahm seit 1570 die Universität Jena ein. Gemäß den Landesportionen bildeten sich schließlich separate landständische Vertretungen für den Weimarer, Eisenacher und Jenaer Landesteil heraus. Deren wichtigstes Recht bestand in der Bewilligung der landesherrlichen Steuern auf dem vom Herzog einberufenen Landtag. In die landesherrliche Gesetzgebung waren die Stände nicht direkt einbezogen, sondern wurden lediglich gelegentlich um Rat gefragt.

Der frühneuzeitliche Ständestaat wurde durch die Verfassungen von 1809 und insbesondere durch das "Grundgesetz einer Landständischen Verfassung für das Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach" vom 5. Mai 1816 zur konstitutionellen Monarchie entwickelt. Im Einzelnen sah die letztgenannte Verfassung drei Landstände vor, die durch je zehn Abgeordnete im Landtag vertreten waren: Rittergutsbesitzer, Bürger sowie, was sich im zeitgenössischen Vergleich mit den Parlamenten anderer deutscher Staaten bemerkenswert ausnahm: Bauern. Hinzu kam ein Deputierter der Universität Jena, der als elfter Abgeordneter den Rittergutsbesitzern zugerechnet wurde. Neben dem Steuerbewilligungsrecht und einer - sich allmählich erweiternden - Kontrolle über das Finanzgebaren des Staates musste der Landtag vor allem an der Gesetzgebung beteiligt werden, wobei er auch selbst initiativ werden konnte. Das 1848 eingeführte allgemeine, gleiche und indirekte Wahlrecht wurde 1852 wieder aufgehoben. Zwei Drittel der 31, später 33 Abgeordneten wurden seitdem durch allgemeine indirekte und ab 1909 durch direkte Wahlen bestimmt. Ein Drittel der Landtagsabgeordneten stellten die größeren Grundbesitzer und Höchstbesteuerten, zu denen seit 1909 auch die Universität Jena und Wirtschaftsvertretungen (z. B. Handels- und Landwirtschaftskammer) gehörten. Daneben waren Bürger (z. B. Unternehmer, Angestellte oder Beamte), kleinere Gutsbesitzer und Bauern vertreten.

Seit 1815 erfolgte die Umwandlung des 1756 eingerichteten Geheimen Consiliums als Zentralbehörde und oberstes Beratungsorgan des Landesherrn in ein Staatsministerium mit darunter stehenden Landeskollegien. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts bildeten sich schließlich im Wesentlichen die bis 1918 existierenden einheitlichen zentralen Verwaltungsbehörden mit Ressorts und Departements innerhalb des Staatsministeriums heraus. In diesem Kontext erfolgten 1850 die Trennung von Verwaltung und Justiz sowie die Aufhebung der Patrimonialgerichtsbarkeit.

Das Großherzogtum bzw. der Freistaat Sachsen-Weimar-Eisenach ging 1920 im Land Thüringen auf.
 

Wappenabbildung Großes Staatswappen des Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach / Quelle: Ströhl, Hugo Gerhard: Deutsche Wappenrolle. Stuttgart 1897, Tafel XI. (Alle Rechte vorbehalten.)
Wappenabbildung Großes Staatswappen des Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach / Quelle: Ströhl, Hugo Gerhard: Deutsche Wappenrolle. Stuttgart 1897, Tafel XI. (Alle Rechte vorbehalten.)